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Paul Giesbert Rautzenberg

In Wuppertal-Elberfeld geboren und in Hagen aufgewachsen, beginnt Rautzenberg bereits mit 14 Jahren eine Bildhauerlehre bei Heinrich Hartmann in Wiedenbrück, dem Städtchen, das im 19. und 20. Jahrhundert ein Zentrum des sakralen Schaffens in Deutschland war. Als 18-Jähriger wird er im Frühjahr 1918 noch Soldat und erleidet in Flandern eine Giftgasverwundung. Nach Lehr- und Wanderjahren macht sich Rautzenberg in Köln selbstständig. Schon bald muss er einen herausragenden Ruf erworben haben. Eine seiner frühen Arbeiten ist 1933 ein monumentaler Hochaltar für St. Georg in Bad Fredeburg mit einem 3,70 Meter hohen Christus. Dieses Werk deutet den Wandel hin zur eigenen expressionistischen Handschrift bereits an. Aber in der Gemeinde stieß es auf Ablehnung; 1988 wurde es entfernt.

40 Jahre lang hat sich Paul Giesbert Rautzenberg mit dem Tod Jesu und der Trauer Mariens um ihren Sohn auseinandergesetzt, in 50 ausdrucksvollen Kruzifixen und Pietàs. 12 Kreuzwege mit jeweils 14 Passionsbildern hat er geschaffen, aber auch Krippenfiguren, drei davon verbrannten im Januar 1989 in St. Marien Hagen, Josef-Skulpturen und weitere Heiligen-Plastiken sowie große Altäre. Westfälische Charakterköpfe

An den Krippenfiguren lässt sich der Stilwandel ebenso deutlich beobachten. Rautzenberg schnitzt keine gefälligen Hirten, sondern westfälische Charakterköpfe, hart arbeitende Männer, für die ihm Bauern und Bergleute Modell stehen. In den 1920er und 1930er Jahren entstehen zahlreiche Pietàs, denn viele Mütter, die ihre im Krieg gefallenen Söhne betrauern, stiften für die neu errichteten Gedächtniskapellen solche Figurengruppen. Rautzenbergs Pietàs erschüttern in ihrer Aussagekraft. Maria hält den ausgemergelten, gebrochenen Leib. Manchmal umschließt sie ihren toten Sohn schützend mit ihrem Umhang. Rautzenbergs Kreuze zeigen Christus als fast bis zum Skelett abgemagerten, gefolterten Körper, als Menschen in seiner tiefsten Erniedrigung. Andere Werke stellen einen Heiland dar, der ausgelitten hat, der den Tod überwindet.

In den Jahren des nationalsozialistischen Regimes erhält Rautzenberg häufig Aufträge von Pfarrern, die Gegner der Nationalsozialisten sind und sich oft besonders für Kunst interessieren. „Daher schätzten sie die Ausdruckskunst Rautzenbergs sehr“, so die gebürtige Hagenerin Brigitte Spieker. Einer von ihnen ist Alfred Hüffer, Vikar in Dortmund-Huckarde und von 1941 bis zu seinem frühen Tod 1945 Seelsorger in St. Marien Hagen. Er erteilt Rautzenberg mehrere Aufträge, darunter das überlebensgroße Kreuz, das 1943 in der Zeit der Luftangriffe auf Köln entsteht. Hüffer schreibt in einem Brief vom Oktober 1943 an die Soldaten seiner Gemeinde, dass der Bildhauer in Köln bei der Bergung der Verschütteten Tag und Nacht tätig war, „und die Eindrücke, die er bei diesen grauenerregenden Arbeiten empfing, haben deutlich die Spuren im Antlitz des Herrn hinterlassen. Aber im Tiefsten liegt ein wunderbarer Friede über den Zügen.“ Die Marienkirche wird im Zweiten Weltkrieg zerstört, doch das Kreuz kann durch Auslagerung nach Brügge gerettet werden. Gelegentlich herber Stil

Nicht alle Arbeiten Rautzenbergs haben so viel Glück. Neben den Kriegsverlusten sind viele Plastiken den „Bilderstürmen“ der 1950er bis 1970er Jahre zum Opfer gefallen, als die alten Altäre zerschlagen und verbrannt wurden, um Platz für Neues zu schaffen.

„Rautzenberg hat sich wohl wenig darum gekümmert, ob seine Kunst gefiel“, so Brigitte und Rolf-Jürgen Spieker - Mitarbeiter der Dokumentationsstelle für Dortmunder Kirchengeschichte im Katholischen Centrum in einem Buch über Rautzenber, „Und mit seinem gelegentlich herben Stil machte er es sich und anderen nicht immer leicht.“ Brigitte und Rolf-Jürgen Spieker haben mit ihrer Recherche Pionierarbeit geleistet, denn es gibt nur wenige schriftliche Zeugnisse zu Paul Giesbert Rautzenberg. Der einzige Sohn des Künstlers ist bereits früh in die USA ausgewandert und hat entsprechend kein Werkverzeichnis geführt. Brigitte Spieker: „Vieles bleibt ein Rätsel.“

popup/giesbert_rautzenberg.txt · Zuletzt geändert: 2019/04/09 16:01 von redaktion
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